Rote Arktis. Eroberung des Nordpols 1937, Kommentartext

00:06 

Seit jeher zieht es Menschen in den Norden, ins Eis der Arktis. Abenteuerlust, Ehrgeiz, Forscherdrang, die allgemeine menschliche Rastlosigkeit – es mag viele Gründe dafür geben.

00:28

Heute spielen Bodenschätze eine große Rolle, Seewege, Gebietsanspruch, Macht.

 

00:39 Zitat

Was wir tun, tun wir nicht des Ruhmes wegen! Wir vollbringen eine wichtige Tat – sie wird unserem Land neuen Glanz verleihen.

 

00:50 Kommentar

Dies ist die Geschichte einer sowjetischen Polarexpedition.

Sie spielt vor dem Hintergrund des Stalin-Terrors.

 

01:03

Was später die ersten Weltraumflüge, war 1937 die Papanin-Expedition. Sie trägt ihren Namen nicht ganz zu Recht. Aber Papanin ist der Name, der sich eingeprägt hat, und noch heute kennt ihn in Rußland jedes Kind.

 

Titel 1  Rote Arktis

 

01:43 O-Ton Rostislaw Brontman

Zu Hause tauchten plötzlich Daunenschlafsäcke auf, Fellkleidung vom Kopf bis zu den Füßen, Pelzstiefel, riesige Filzstiefel, warme Unterwäsche, Handschuhe bis zu den Schultern, pelzgefütterte Fliegerkappen, eine Sturmhaube, eine große Schutzbrille – da war klar, Papa fährt wieder in den Norden.

 

Titel 2  Eroberung des Nordpols 1937

 

02:27 O-Ton Sigurd Schmidt

Wir wußten, daß Papa eine Expedition zum Nordpol plant. Er fuhr öfter als sonst in den Kreml zu Geheimverhandlungen. Uns hatte man gesagt, dass darüber nicht geredet werden darf, wir aber fanden genug Gelegenheit, allen zu erzählen, dass es bald eine Expedition zum Nordpol geben wird.

 

02:49 Kommentar

Auf einem Feld bei Moskau, Februar 1937. Vier Männer proben hier, wie man in Eis und Schnee kampiert. Und eine Funkstation einrichtet.

03:05

Die jungen Wissenschaftler Pjotr Schirschow und Jewgeni Fjodorow.

03:14

Iwan Papanin, ehemals Matrose, Schlosser, Mitglied der Tscheka, der Geheimpolizei, später im gehobenen Postdienst. Dann Arktisforscher.

 

03:32 O-Ton Valentina Romanenko

Er war ein Mensch mit großem Humor, ein Spaßmacher. Von ihm ging immerzu eine erfrischende Fröhlichkeit aus. Das ist wohl einer der Gründe, warum er ausgewählt wurde für den Nordpol.
Das einfache Volk liebte ihn sehr. Alles klatschte, wenn er auftrat. Er drückte sich so direkt aus. Überhaupt war er ein interessanter Mensch. Aber ich, ich schämte mich manchmal für ihn. Ich war jung und hätte es gern gehabt, wenn er beim Sprechen nicht so viele Fehler gemacht hätte.

 

04:07 Kommentar

„Generalprobe“ in geheimer Mission: Die Männer sollen mit Flugzeugen an den Nordpol gebracht werden, dort ihr Lager aufschlagen und sich möglichst lange halten.

04:18

Der Vierte: Der Funker Ernst Krenkel, ein Mann mit deutschen Vorfahren. Er ist ein erfahrener Polarforscher und hält einen Weltrekord, weil er einmal vom Nordpolarmeer aus einen Funkkontakt zu einer amerikanischen Südpol-Expedition hergestellt hat.

 

04:38 O-Ton Theodor Krenkel

In seinem Tagebuch steht: Ich verbringe einen Winter in der Arktis, ich verbringe noch einen Winter in der Arktis, aber eigentlich weiß ich nicht wozu. Des Geldes wegen mache ich das nicht. Was ist das Ziel?
Mit anderen Worten: Eine Neigung war da, aber sie war ganz romantisch begründet. Jetzt aber wurde alles auf eine staatliche Grundlage gestellt.

Otto Schmidt war eine magnetische Persönlichkeit. Nach ihm richtete Vater seine Kompassnadel aus, oder Kompáß, wie die Seeleute sagen. Schmidt gab seinem Leben eine Richtung.

 

05:20 Kommentar

Hier kommt er. Der Mann, der die Richtung weist. Otto Juljewitsch Schmidt – sowjetischer Gelehrter, Mathematiker von Haus aus, ein Bolschewik der ersten Stunde, Mitstreiter Lenins. Seit einigen Jahren ist er Leiter der Hauptverwaltung Nördlicher Seeweg. Deutscher Herkunft wie Krenkel.

 

05:44 O-Ton Wladimir Schmidt

Otto Juljewitsch war ein zutiefst überzeugter Internationalist. Er legte keinen besonderen Wert auf seine deutsche Abstammung. Er sprach Deutsch, hatte viele Bekannte in Deutschland wie auch in anderen Ländern.

06:03

Aber es hatte für ihn nicht viel zu bedeuten.

06:07

Mein Vater ist zur Hälfte Deutscher, zur Hälfte Lette, meine Mutter zur Hälfte Ukrainerin, zur Hälfte Jüdin. Ich dagegen bin Russe. Offiziell registriert: Russe. Russisch ist meine Muttersprache. Ich wurde in Moskau geboren. Nicht einfach nur in Moskau. Ich wurde im Kreml geboren.

06:38 Kommentar

Der Name Otto Juljewitsch Schmidt ist in Rußland untrennbar verbunden mit der Eroberung der Arktis.

06:42

Rußland und das gefrorene Meer, das Meer, das man nicht befahren kann: Das ist eine alte, von Liebe und Hass, von Siegen und Niederlagen geprägte Geschichte. Einmal wäre Otto Schmidt mit einem von Eis leckgeschlagenen Dampfer beinahe untergegangen. Gerettet wurde er von Flugzeugen. Jetzt, 1937, probiert er etwas Neues: nicht mit Schiffen, mit Flugzeugen soll es in den Norden gehen.

07:24

Josef Stalin, der „allweise Führer“ des Landes, der mit der einen Hand straft und mit der anderen belohnt. Vermutlich brauchte Schmidt nicht lang, um ihn für diese Polarexpedition zu begeistern. Alles sprach dafür:

Es waren wichtige Forschungsergebnisse zu erwarten. Ferner würde eine Funkstation am Pol der Sicherheit geplanter Langstreckenflüge dienen, welche sowjetische Flugzeuge über den Nordpol in die USA bringen sollten. Das war ein Gedanke, der Stalin seit langem faszinierte: Die Welt würde sehen, was aus dem rückständigen Rußland innerhalb weniger Jahre geworden war. Eine moderne Macht, die nach den Sternen griff.                       

 

08:09

Und dann – der Enthusiasmus. Enthusiasmus war die Hauptdroge der Stalin-Ära. Enthusiasmus hielt das Land zusammen, während die Vernichtungswellen um sich griffen. Er wurde benötigt, um Fabriken, Kanäle und Bahnlinien zu bauen. Er erstickte jeden Widerspruch im Keim. Diese Sache bot viel von dem Stoff. Man darf daher vermuten, daß es Stalins Idee war, der Mission zum Nordpol einen Kameramann mitzugeben und zwei führende Journalisten der Prawda und der Iswestija.            

 

08:51 Zitat

22. März 1937. Moskau. Chodynka. Zentralflughafen. Ich komme um Viertel nach fünf an. Alles leer. Ich laufe herum, friere. 

 

09:07 Kommentar

Einer der beiden mitreisenden Korrespondenten ist Lazar Brontman von der Prawda.

09:14

Er ist einer der bekanntesten sowjetischen Journalisten.

 

09:23 O-Ton Rostislaw Brontman

Mein ganzes bewußtes Leben lang sah ich, daß Vater jeden Tag, wenn er von der Arbeit kam, sich zuallererst hinsetzte und sein Tagebuch führte. Wenn Sie sich die Tagebücher ansehen, dann sehen Sie Aufzeichnungen für jeden Tag, geschrieben an eben jenem Tag.

09:43 Zitat

Um sechs kommen die ersten, kurz danach Schmidt. Schließlich, um elf der Startbefehl.

 

09:50 Kommentar

Vier große, umgebaute Bomber und ein kleineres Aufklärungsflugzeug stehen auf dem Flugfeld. Die Piloten kennt Brontman seit langem. Mit Chefpilot Michail Wodopjanow verbindet ihn eine enge Freundschaft.
Letzte Aufnahmen vor dem Start. Die vier Überwinterer im Gruppenbild: Krenkel, Fedorow, Schirschow, Papanin.                                                                            

10:22

Insgesamt sind 43 Mann in den Maschinen, dazu 40 Tonnen Ausrüstung.

10:32

Lasar Brontman:

 

10:35 Zitat

Die überladenen Flugzeuge rollen wie Schiffe auf schwerer See. Es ist unbehaglich, auf die Flügelspitzen hinauszusehen, sie flattern ununterbrochen. Auch einigen erprobten Fliegern wird schlecht…

10:54 Kommentar

Er fotografiert die Mannschaft an Bord seiner Maschine – eine Schar gutgelaunter Männer auf dem Weg ins Abenteuer.

 

11:06 Zitat

Wir haben uns Watte in die Ohren gestopft. Gegen die „Seekrankheit“ Otto Juljewitsch ist nach vorn gegangen zum Navigator.

 

11:16 Kommentar

Der Flug wird von Moskau nordwärts führen, mit Zwischenlandungen in dem Nest Cholmogory bei Archangelsk,

in Narjan Mar, der Hauptstadt des Nenzen-Gebiets, jenseits des Polarkreises,

auf Nowaja Zemlja, wo eine Polarstation bei der Meerenge von Matotschkin Treibstoff bereithält

und auf den Inseln von Franz-Josef-Land am Rand des Arktischen Ozeans. Dort wird die Basisstation sein, von dort startet der Polflug, die Reise ins Unbekannte.

 

11:56 O-Ton Wladimir Schmidt

Wie kommt man denn an den Nordpol? Das war damals technisch nicht so einfach.
Michail Wodopjanow wurde beauftragt, darüber nachzudenken. Er war ein Arktisflieger, war viel im Norden unterwegs gewesen. Wie sollte man die Sache angehen?
Und er begriff, daß ihm kein Konzeptpapier gelingen würde. Ihm gelang – ein Buch. Und dieses Buch mit dem Titel „Traum des Piloten“ wurde gedruckt. 

 

12:32 Kommentar

Michail Wodopjanows Buch „Der Traum des Piloten“ – die Phantasie eines Polarflugs in Romanform. Bereits 1938, als diese deutsche Ausgabe erschien, in einem Exilverlag, hatte sich Wodopjanows Traum erfüllt. Der Traum vom Fliegen – er ist vielleicht nie leidenschaftlicher geträumt worden als in der Sowjetunion in jenen Jahren. Fliegen war das Höchste, was ein Sowjetmensch erreichen konnte.

13:19

Die Reise in den Norden dauert mehrere Wochen.

13.29

Ein Schneesturm auf Nowaja Semlja zerstört die Flugzeuge beinah am Boden.

 

14:08

Die Rudolf-Insel ist die nördlichste Insel des Franz-Josef-Landes. Hier gibt es einen Landeplatz auf einer Anhöhe, feste Häuser und Kettenfahrzeuge. Vor allem aber ein Funkfeuer, das Schiffen und auch Flugzeugen die Richtung weisen kann. 

14:40

Iwan Papanin fühlt sich hier „auf Rudolf“ als Hausherr, denn unter seiner Leitung war die Station im Jahr zuvor aufgebaut worden. Der Spaßmacher hatte hier bereits einmal Führungsqualitäten gezeigt.

 

14:56 O-Ton Valentina Romanenko

Er war großzügig und feinfühlig, solange alles klappte. Aber auch streng und schroff gegen Leute, die sich nachlässig in ihrer Arbeit zeigten, die tranken, obwohl der Ausgang einer Sache von ihnen abhing. Da war er sehr streng und unerbittlich.
Alle seine Leute hatte er genau überprüft. Ich habe sie durchs Einkaufsnetz gesiebt, sagte er.
15:27

Er war ein guter Psychologe. Die Arbeit in zahlreichen Kollektiven hatte ihn zum Psychologen gemacht. Er durchschaute den Menschen bis auf den Grund.

 

15:42 Kommentar

1.Mai 1937. 

15:57

Auf der Rudolf-Insel marschieren die Helden, auf dem Roten Platz in Moskau das Volk. Alle vereint und gemeinsam für einen, für Stalin.

16:09

Ein Mensch wird Gott.

 

16:14 O-Ton Sigurd Schmidt

Ohne Stalin hätte es die ganze Polarforschung nicht gegeben. Eine, ich würde sagen, Anbetung Stalins als administrative Macht war bei meinem Vater zweifellos vorhanden. Aber einen warmherzigen Ton gegenüber Stalin habe ich nie von ihm gehört. Über das legendäre Jahr 37 äußerte er sich eher dahin, daß es das Jahr des Großen Terrors war.

16:43

Jedoch: Als Stalin 1953 starb, Otto Juljewitsch war bereits schwer krank. Dennoch ließ er es sich nicht nehmen, in den Kolonnensaal zu gehen, um Abschied zu nehmen.

 

16:58 Kommentar

Von der Rudolf-Insel sind es noch 900 km bis zum Nordpol. Doch das schlechte Wetter hat bisher jeden Start verhindert. Die Expedition sitzt fest. Am 4. Mai jedoch schreibt Lazar Brontmann in sein Tagebuch:  

 

17:12 Zitat

Spät am Abend vertrieb ein starker Wind alle Wolken. Wir hatten eine herrliche sonnige Nacht. Es war Mitternacht, aber niemand ging schlafen. Da entschied Schmidt, Golowin zur Aufklärung vorauszuschicken. 

17:28 O-Ton Sigurd Schmidt                                                                                               

Er mochte den Piloten Golowin sehr und wünschte sich, daß Golowin als Erster über den Pol flöge. Und dafür mit dem Heldenorden ausgezeichnet würde.
Golowin kam später ums Leben.

 

17:44 Kommentar

Pawel Golowin.

Golowin ist bisher immer vorausgeflogen. In seiner offenen, zweimotorigen Maschine. Wenn das Wetter gut war, gab er den Start frei für die anderen, wenn nicht, sah er zu, daß er heil wieder herunterkam. Jetzt soll er das Wetter am Nordpol erkunden. Und einen Blick auf das Eis werfen, nach einem Landeplatz suchen. 

18:10 Kommentar

Was aber ist der Nordpol? Im Gegensatz zur Antarktis gibt es hier unterm Eis kein Land – eine große, treibende Eisfläche. Otto Schmidt ist der Ansicht, daß sich dort weniger Packeis auftürmt als in Landnähe, daß man ebene Flächen finden wird, auf denen man landen kann. Um 16 Uhr 32 empfängt die Fundkstation auf der Rudolf-Insel folgende Meldung: „90 Grad Breite, Pol unter uns, Wolken behindern Sicht. Golowin“. Golowin ist über dem Pol, kann aber nicht landen. 

 

18:43 O-Ton Krenkel

Golowins Bordmechaniker hieß Kekuschew. Er warf über dem Pol eine Ölkanne ab. Golowin fragt: was soll das denn? Kekuschew: Damit die Erdachse nicht quietscht.

 

18:57 Kommentar

Besorgtes Warten auf der Rudolf-Insel. Die Männer haben Signalfeuer entzündet. Golowin scheint die Peilung verloren und sich verflogen zu haben. Es ist nicht leicht, sich vom Pol aus zu orientieren. Überall ist Süden. Endlich, nach zwölf Stunden, Motorengeräusch.                    

19:27 Zitat

Golowin kletterte von seinem Flugzeug herab. Hölzern erwiderte er den Gruß der Herbeigeeilten, wandte sich sofort ab, kroch unter den Rumpf seiner Maschine.

19:41

Dort öffnete er den kleinen Treibstoffablaß und sah lange zu, wie ein dünnes Fädchen Benzin herausfloß. Das war knapp, sagte er leise.

 

19:54 Kommentar

Pawel Golowin, Held der Sowjetunion, wird zwei Jahre später bei einem Testflug tödlich verunglücken.

19:58 Kommentar                                                                                                                

Es dauert weitere 14 Tage, bis das Wetter wieder einen Start zuläßt. Jetzt fliegt der Chefpilot selbst, der Flagman, wie es auf Russisch heißt, Michail Wodopjanow. Dieser Polflug unterscheidet sich in mancher Hinsicht von früheren Entdeckungsreisen. Er hatte etwas von einer militärischen Operation und wurde auch so beschrieben: Eroberung des Nordpols.

 

20:24 Zitat Film

Das Funkfeuer gibt die exakte Richtung nach Norden an.

20:32 Zitat Film

Das Flugzeug schickt seinen ersten Funkspruch nach Moskau: 4 Uhr 52. der Flagman ist in der Luft. An Bord sind neben  der Besatzung die Papanin-Gruppe, der Kameramann und der Expeditionsleiter. Die übrigen Maschinen werden starten, wenn wir am Pol gelandet sind. Unterschrift: Schmidt. Chefnavigator Genosse Spirin betsimmt die Position des Flugzeuges: 7 Uhr 4. Die Maschine fliegt über den Wolken. Die Breite 84°28′. 

21:17 Zitat Film

Beide Piloten befinden sich ununterbrochen an den Steuerknüppeln, Genosse Wodopjanow und Genosse Babuschkin.

21:32

Breite: 86º 48’ .

21:37

Die Maschine fliegt über dichter Wolkendecke in einer Höhe von 2000 m.

 

21:46 Kommentar

Bereitwillig lassen die Männer den Kameramann gewähren. Er stört sie nicht. Er gehört dazu. Die Heldentat und ihre Dokumentation sind eins. Alle sollen sehen. Alle sollen dabei sein dürfen.

 

22:04 Zitat Film und Übersetzung Schrifttitel 

Elf Uhr zwei. Das Flugzeug erreicht den Pol.                                             

Der Nordpol ist unser.

 

22:19 Kommentar

Moskau am selben Tag, 22.Mai 1937. „Das Leben ist schöner, das Leben ist lustiger geworden“, hat Stalin kürzlich verkündet. Die Lubjanka, das Hauptquartier des Geheimdienstes NKWD. Die Schergen haben aus einem verhafteten Armeekommandeur eine belastende Aussage gegen den Stellvertretenden Volkskommissar für Verteidigung, Marschall Tuchatschewski herausgequält. Am Nachmittag befiehlt Stalin die Verhaftung Tuchatschewskis und sechs weiterer Kommandeure. Damit beginnt die „große Säuberung“ in der Roten Armee. Der größte Teil der militärischen Führung und Tausende von Offizieren werden ihr zum Opfer fallen. Meist bleiben auch ihre Familien nicht verschont. 

23:19 Kommentar

Unterdessen auf dem Eis.

 23:29 O-Ton Wladimir Schmidt

Wer trat zuerst aufs Eis? Am Pol? Die einen sagen: Schmidt. Die anderen: Papanin.
Wieder andere sagen: Trojanowski. Der Kameramann.

23:41 Kommentar

„Ich zähle nicht mit!“ hat Trojanowski noch schnell gerufen, als er sich mit seinem Stativ vordrängte. 

23:50

Wodopjanow hat sein Flugzeug ein wenig jenseits des Pols sicher gelandet. Hier zeigt er Otto Schmidt die Landebahn. Er hat dabei, vermutlich erstmals in der Geschichte der Luftfahrt, einen Bremsfallschirm eingesetzt. 

24:12 Kommentar

Sowjetische Flieger am Nordpol.                                                                              

Die ersten Filmaufnahmen vom Pol, erstmals Wissenschaftler am Nordpol.

Wahrscheinlich waren sie überhaupt die ersten Menschen am Pol, nicht Robert Peary und seine Expedition 1909.                                                          

24:34 Kommentar

Der Sendemast wird aufgebaut, doch Krenkel bekommt keinen Funkkontakt.

24:46

Otto Schmidt wartet nervös. Die Männer auf der Rudolf-Insel, Moskau, Stalin müssen doch denken das Unternehmen, sein Unternehmen, habe in einer Katastrophe geendet. 

 

25:05 O-Ton Krenkel

Im Filmmaterial sieht man, wie Otto Juljewitsch unruhig am Pol hin und her läuft. Und ebenso ging Stalin im Moskauer Radiobüro auf und ab. Dann waren die Akkus aufgeladen, Vater rief Schmidt und, auch das sieht man im Film, Schmidt schreibt auf den Knien die erste Funkmeldung. Die wurde über die Rudolf-Insel weitergeleitet, und alle atmeten erleichtert auf.  

 

25:44 Kommentar

Die Piloten legen eine Landebahn für die anderen Maschinen an. Nur eine von ihnen findet das Lager direkt. Die anderen beiden landen zunächst irgendwo in der Eiswüste. Es dauert fast vierzehn Tage, bis auch das letzte der vier Flugzeuge das Lager am Pol erreicht. 

26:16 Kommentar

Hier ist Lazar Brontman, der Prawda-Journalist, mit seiner Leica:

26:20 Zitat

Kann man den Nordpol als die Grenze unserer sowjetischen Besitztümer ansehen? Wie sich zeigt, nicht! Otto Juljewitsch erklärt: Sowjetisch ist nur die Erde, das Wasser ist international. Und wenn sich auf Papanins Scholle irgendein ausländisches Flugzeug gesellt und Papanin fängt eine Schlägerei an, dann wird man ihn nach internationalem Seerecht verurteilen.

 

26:45 Kommentar

Hießen nicht alle Losungen gerade noch: „der Pol – erobert, der Pol ist unser“? Und nun solch eine Bemerkung? Kein sowjetischer Anspruch? Otto Schmidt mochte Recht haben, seine Äußerung war dennoch für die Zeit irritierend. Er war ein Vertreter der russischen Intelligenz. Seine Bildung hatte vorrevolutionäre Wurzeln. Eigentlich gab es für so einen in Stalins Universum keinen Platz.  

 

27:12 O-Ton Sigurd Schmidt

Er war einer der wenigen Intellektuellen, die sich der Revolution angeschlossen hatten und die an sie glaubten. Er wollte aktiv an ihr teilhaben und freute sich darüber. Erzogen worden aber war er in der Tradition der Intelligenzija.

27:32 O-Ton Wladimir Schmidt

Otto Juljewitsch war ein Mann der Pflicht. „Es muß sein“, das verstand er. Er gehorchte nicht einfach, er verstand es.

 

27:43 Kommentar

6.Juni. Das Lager ist vollständig eingerichtet. Alle bis auf die vier, die auf dem Eis bleiben werden, die hier überwintern sollen, haben ihre Mission erfüllt und freuen sich auf die Heimreise. Papanin kocht. 

 

27:59

Kameramann Mark Trojanowski. Er dreht Abschiedsbilder.

Und erklärt den Papanin-Leuten die kleine Federkamera, die auf dem Eis bleiben soll.

Aus Brontmans Tagebuch:

 

28:17 Zitat

‚Genosse Trojanowski‘, fragte Schmidt, ‚wo sollen wir uns hinstellen, wie wird’s am besten aussehen für die Kamera?‘ Hier und da wurden bereits die Motoren angelassen. Schirschow lud die Gewehre, Papanin lief mit einer Parabellum herbei, Krenkel mit einem Revolver. Das Meeting fand um zwei Uhr morgens statt, bei laufenden Motoren und Sonnenschein.  

28:44

Dann nahmen wir die Mützen ab und sangen alle gemeinsam die Internationale.

Abflug, kommandierte Schmidt. Alle begaben sich zu den Maschinen.

29:18 Kommentar

Vielleicht lauschten die vier Männer den Motoren nach. Dann wurde es still auf dem Eis.

29:32

Auf ihrem Rückweg machen die Flieger wieder Station auf der Rudolf-Insel. Dort erwarten sie Neuigkeiten aus Moskau. Brontman:

 

29:40 Zitat

11. Juni. Sofort zu den Kopfhörern! Wir hören die schreckliche Nachricht vom Verrat Tuchatschewskis und anderer. Wir saßen wie betäubt, dann gingen wir auseinander. Der Prozeß ist heute. Das Urteil steht fest. Es wird acht Feinde weniger geben.

 

30:06 Kommentar

12. Juni. Moskau, die Nachricht des Tages – Tuchatschewski und sieben weitere Verschwörer erschossen.

30:27

25.Juni. Ruhm den Stalin-Falken! Die Polflieger kehren nach Moskau zurück.

 

30:39 O-Ton Sigurd Schmidt

Es war die erste Expedition, die von Stalin persönlich und dem gesamten Politbüro empfangen wurde. Sie waren alle zum Flughafen gekommen. Es war ein schöner Tag, und da habe ich Stalin gesehen. Näher, als ich Sie jetzt vor mir sehe.

 

30:56 Kommentar

Erst die Hinrichtung der Verräter, dann der Empfang der Helden. Terminplanung ist keine Zufallssache. 

31:10

Michail Wodopjanow, Flieger, Schriftsteller, Enthusiast:

 

31: 20 O-Ton Wodopjanow-Rede im Film

Man hat mich gefragt, wie fliegst du denn dahin? Wie willst Du am Pol landen? Was ist, wenn die Maschine zu Bruch geht? Zu Fuß kommst du nicht so einfach zurück. Ich antwortete: zu Fuß geh ich bestimmt nicht, und wenn die Maschine Bruch macht, dann steht hinter mir und der Expedition eine Kraft: Genosse Stalin läßt nicht zu, daß ein Mensch zu Tode kommt.

31:50 O-Ton-Rede Schmidt im Film

Der Befehl Stalins, die Unterstützung Stalins und die Arbeitsweise Stalins, die wir uns bemühten, nachzuahmen – das waren die drei treibenden Kräfte auf unserem Weg. Kein Tag verging, ohne daß wir seiner gedachten. Als aber das Radio uns die Nachricht von den Verbrechen brachte, von den Untaten, die einzelne Personen hier zu tun beabsichtigten und teilweise bereits taten, gegen unser Land, gegen unsere Partei, gegen unseren Führer, da füllten sich unsere Herzen mit Zorn, und wir, der kleine Trupp am Nordpol, wir hätten ebenso wie das ganze riesige Land nicht gezögert, unser Blut, unser Leben zu geben, um unsere Führer, um den Genossen Stalin zu verteidigen.

32:50 O-Ton Sigurd Schmidt

Das machte einen niederschmetternden Eindruck auf mich. Die Papanins waren noch am Pol, da kam Papa nach Hause und Mama sagte: Was ist mit dir, du siehst ja nicht mehr aus wie du selbst. Dieses einzige Mal sagte er etwas: Man hat mich heute angerufen: ich solle mich nicht wundern, wenn morgen sehr viele meiner Mitarbeiter nicht mehr zur Arbeit kommen.

33:29 O-Ton Wladimir Schmidt

Nachdem Vater von der Expedition zurückgekehrt war, saßen wir eines Tages zu Hause, mit der ganzen Familie, am Tisch, und da klingelte das Telefon. Otto Juljewitsch ging zum Telefon, nach einer Weile kehrte er zurück und sagte: „Der Herr ruft.“ Also Stalin.

 

33: 54

„Reichen Sie uns Vorschläge zur Ordensverleihung ein! Was Sie selbst angeht, ist die Sache bereits entschieden. Sie werden Held der Sowjetunion.“

34:19 O-Ton Wladimir Schmidt

Von den Balkonen und Dächern flogen Papierchen herab. Von diesem Format etwa. Zettelchen mit Glückwünschen darauf. Bunte Zettelchen. Es war ungewöhnlich schön. Der innere Jubel – man kann ihn ja mit Worten nicht beschreiben –  aber glauben Sie mir, er war sehr groß.                                                                                                                              

35:02 Kommentar

Am Nordpol.. Aufnahmen, die Papanin und seine Gefährten von sich selbst gemacht haben – mit der zurückgelassenen kleinen Kamera.

35:22

Sie wurden 1938 veröffentlicht – unterlegt mit Musik von Beethoven. Dritte Symphonie natürlich, die Heroische.                                                                                                           

35:52

In Moskau greifen Misstrauen und Angst um sich, hier aber, auf dem Eis, scheint es, herrschen Zuversicht und Freundschaft. Die Scholle treibt südwärts, noch sieht es so aus, als sei sie endlos groß. Die Sonne steht niedrig, die Polarnacht ist nicht mehr fern.

 

36:18 O-Ton Theodor Krenkel

Iwan Dimitrijewitsch Papanin sorgte sich um die Gesundheit meines Vaters, Theodoritcsh, wie er ihn nannte. Denn der Funk wurde jeden Tag gebraucht, um jeden Preis. Jewgeni Fjodorow machte meteorologische Beobachtungen und magnetische Messungen. Also wissenschaftliche Arbeit, wie auch Pjotr Schirschow. Fjodorow war zuständig für alles über dme Eis und Schirschow für alles, was darunter war. 

 

36:49 Kommentar

Bilder aus einem anderen Film, der 1940 entstand. Ein liebevoll gemachtes Lehrstück für die nachwachsende Generation, für die jungen Forscher und Wissenschaftler in einer kommunistischen Zukunft. 

37:08 Kommentar

Hier wird das Leben auf der Scholle nachgestellt, auf der Station Nordpol, wie sie jetzt offiziell heißt. Dabei spielen die vier Überwinterer sich selbst und zeigen, worin ihre tägliche Arbeit bestand:

Nordpol 1 – die erste russische Driftstation – bringt eine große Menge von Erkenntnissen. So führt der Biologe Pjotr Schirschow – „zuständig für alles unter dem Eis“ – Tiefenmessungen durch, die es erlauben, für den Verluaf der Drift ein Relief des Meeresbodens zu erstellen. Seine Wasserproben widerlegen Fridtjof Nansens Annahme, unter dem Eis des Pols gebe es kein Leben. Im Gegenteil: der große reichtum an Plankton, der Grundlage der ozeanischen Nahrungskette, läßt auf höher entwickeltes Leben schließen.  

Der Meteorologe Jewgeni Fjodorow – „zuständig für alles über dem Eis“ – bestimmt die Position der Scholle, untersucht die magnetischen Abweichungen und macht Wind und Wetterbeobachtungen.

38:14

Ernst Krenkel, der hier gerade das Frühstück macht, gibt die Position der treibenden Scholle täglich an die Rudolf-Insel weiter. Sein Funksignal ist der Seidenfaden, der die vier mit der Welt verbindet. Wenn er reißt, dann kann man sie niemals wiederfinden, dann sind sie verloren.

 

38:37 O-Ton Valentina Romanenko

Es war damals sehr schwer, auf so einem Fleckchen, in einem engen Zelt miteinander auszukommen. Bei unterschiedlichen Charakteren, unterschiedlichem Alter. Papanins Scherze, sein Humor, sein Optimismus halfen allen darüber hinweg. Wenn eine Spannung zwischen ihnen aufkam. Auch Krenkel war ein scharfsinniger Mensch. Und das half ihnen, unter den schweren Bedingungen der Polarnacht zu überleben.

 

39:10 Kommentar

Stalin hatte einen Traum. Er träumte vom Fliegen. Nicht, dass er  selber fliegen wollte – er litt unter Flugangst –  wohl aber, dass eine sowjetische Luftarmada jeden Punkt der Erde jederzeit erreichen könne. Nordpol 1 spielte dabei eine Rolle.

39:25

Dies ist eine ANT 25, ein einmotoriges Flugzeug mit einer Riesen-Spannweite und drei Mann Besatzung. 

Und dies ist der Pilot Sigismund Lewanewski, für den Stalin eine besondere Sympathie empfindet, obwohl Lewanewski Pole ist und immer unsowjetisch elegant daherkommt. Bilder aus einer Wochenschau von 1935. Damals brachte Lewanewski Stalin auf die Idee mit den Transpolarflügen. Mit einer ANT 25 wollte er nonstop über den Pol nach San Francisco fliegen.                                                         

40:02

Illustre Gäste beim Start im Morgengrauen: der Kriegsminister Woroschilow und der Botschafter der USA, Bullit. Auch Otto Schmidt ist gekommen. 6 Tonnen Treibstoff an Bord machen bereits den Start zu einem Wagnis.                      

40:24

„Gute Reise“, wünscht die Wochenschau, aber die Reise verläuft nicht sehr gut. Über dem Meer meint Lewanewski, einen Ölverlust festzustellen, fürchtet, daß der Motor ausfällt, und kehrt um. Damals gab es noch keine Station auf der Rudolf-Insel, deren Funkleitstrahl den sicheren Weg bis zum Pol gewiesen hätte. Es gab auch keine Papanins, die über das Wetter am Pol Auskunft hätten geben können. Nun, im Sommer 37, gibt es das alles, aber Lewanewski zögert. Den Flug mit einer einmotorigen Maschine will er nicht noch einmal wagen. Andere denken da anders. „Ein Motor bedeutet hundert Prozent Risiko,“ sagt der Pilot Valeri Tschkalow, „vier Motoren vierhundert Prozent.“ Am 18. Juni 1937 startet der Rivale in Moskau, fliegt auf dem Funkleitstrahl der Rudolf-Insel geradewegs zum Pol. Die Papanins halten vergeblich nach ihm Ausschau. Sie hoffen, er wird ihnen etwas abwerfen, Briefe von daheim. Aber sie sind schon zu weit abgetrieben, Tschkalow hält eisern Kurs udn landet nach 63 Stunden nahe Portland im US-Bundesstaat Oregon.

41:45 Kommentar

An Bord einer ANT 25. Was später die Raumfahrer, sind in dieser Zeit die Transpolarflieger. Diese Maschine steht unter dem Kommando von Michail Gromow, hier im Bild. Nur einen Monat nach Tschkalow startet er in Moskau und absolviert einen problemlosen Flug nach San Diego, Kalifornien. Noch ein Stückchen weiter. Für Lewanewski wird jetzt die Zeit knapp. Er hat auf eine viermotorige Maschine gesetzt, von der es bislang nur einen Prototypen gab. Start am 12. August 1937. Die Rudolf-Insel hat noch vor dem Flug gewarnt. Aber Lewanewski kann oder will nicht mehr zurück. Und außerdem meldet Nordpol 1, sein Freund Ernst Krenkel, gutes Flugwetter am Pol.

 

42:39 O-Ton Krenkel

Lewanewskis letzte Meldung, „wir fliegen in dichten Wolken, ein Motor ist ausgefallen“, das war alles, danach Schweigen.

Sie waren dicke Freunde. Tage- und nächtelang saß Vater nach dem letzten Signal Lewanewskis am Funkgerät und hörte den Äther ab. 3 oder 4 Tage ohne Pause, ich weiß nicht, wie er das geschafft hat.
Es wurde lange nach ihm gesucht, aber wissen Sie, in der Arktis… ohne Funkverbindung… All die Gerüchte über Motorengeräusche, Funkfetzen, die noch jemand gehört haben will, das ist alles sehr unwahrscheinlich. Wenn sie, selbst nach einer Bruchlandung, noch an ihr Funkgerät gekommen wären, hätten sie Verbindung aufnehmen und gefunden werden können. So aber war die Chance, sie zu finden, gleich null.

 

43:37 Kommentar

Diese Fotos machte Lazar Brontman beim Start Lewanewskis. Es sind die letzten Fotos von Lewanewski und seiner Mannschaft. Die Stimmung war gedrückt. Alle schienen zu spüren, wie es ausgeht. Lewanewskis Maschine, so riesig sie war, wurde nie gefunden. Bis heute weiß man nichts über sein Ende.  

Es war der sowjetischen Propaganda eigen, daß sie Niederlagen und Verluste nicht dramatisierte. Sie verschwieg sie eher. Der sowjetische Mensch kennt keine Niederlage! Und so schwieg man fortan über Lewanewski. Wie man ja auch über Tausende anderer schwieg, die spurlos verschwanden. Das Leben ging weiter von Triumph zu Triumph.

 

44:50 Kommentar

Von den vier Männern auf Nordpol 1 hat einzig Papanin keine genau definierte Aufgabe.

Er ist der Chef.

Und der Koch.                                                                                                                            

45:05

Er ist humorvoll, fürsorglich, und der Expeditionshund „Fröhlich“ hängt an ihm. Der Lehrfilm läßt ihn wissenschaftliche Eintragungen machen. In ein Heft.

 

45:17 O-Ton Romanenko

Man muß nicht unbedingt Wissenschaftler sein. Doktoren, Professoren, die gibt´s zuhauf. Aber einen Papanin gibt es nur ein Mal, und er hat seinen Platz in der Geschichte der Entdeckungen für viele, viele Jahrhunderte.

 

45:33 Kommentar

Nach und nach tritt Papanin an die Stelle Schmidts als Inbegriff der sowjetischen Arktisforschung. Alles was er ist, verdankt er Stalin. Papanin ist vielleicht der neue sowjetische Mensch.

45:47 Zitat

Ich kann kaum glauben, daß ich – ein ehemaliger Matrose der Zarenflotte, ein einfacher Schlosser – nun in den Obersten Sowjet gewählt werden soll. Die Stalinsche Verfassung macht mich zum Staatsmann.

 

46:07 Kommentar

12. Dezember 1937, Wahl zum Obersten Sowjet der UdSSR. Die Vier im Eismeer werden, obwohl abwesend, Volksdeputierte. Stalin hat nicht viele Reden gehalten. er sprach auch nicht gut. Wenn er aber auftrat, wie hier im Bolschoj-Theater, hing das Land an seinen Lippen: Wird er über die Helden reden? Über die großen Erfolge?                                                     

46:39 O-Ton Rede Stalin

Es gibt Menschen, von denen man nicht sagen kann, wer sie sind. Ob sie gut oder schlecht, ob sie tapfer oder feige sind. Ob sie bis zum letzten für das Volk, oder ob sie Feinde des Volkes sind. Es gibt sie auch bei uns, unter den Bolschewiki. Ihr wißt selbst, Genossen: Keine Familie ohne Mißgeburt.

 

47:18 Kommentar

Nur ein paar Worte in einer eiskalten Zeit – und Millionen verschwinden im Gulag.

47:29

Nordpol 1 treibt jetzt durch die Polarnacht. Im Februar 1938, nach 9 Monaten und über 2000 km Drift, befindet sich die Scholle bereits vor der Küste Grönlands. Viel schneller als Otto Schmidt vorhergesehen hat, ist sie nach Süden getrieben und zerbricht ihren Bewohnern förmlich unter den Füßen.

Die Geschichte ihrer Rettung ist ein eigenes Abenteuer.

 

48:00 O-Ton Wladimir Schmidt

Die Teilnehmer der Papanin-Expedition kehrten in sehr angespanntem Zustand heim. Die Eisscholle taute ja. Der Eisbrecher Jermak war nicht einsatzbereit. Zu früh hatte die Scholle begonnen zu tauen.  

 

48:17 Kommentar

Die Jermak war das stolzeste, modernste Schiff der Arktisflotte. In diesem besonders harten Winter 37/38, als fast die gesamte Eismeerflotte einfror, hatte sie durch Überlastung Schaden genommen. Sie wurde unter Hochdruck flottgemacht. 

48:33                                                                                                                          

Die Bilder zeigen Tatkraft, Entschlossenheit und Begeisterung. Sie überspielen, daß es beinah schiefgegangen wäre.  

48:53                                                                                                                         

Als die Jermak ins Eismeer vorstieß, waren andere ihr bereits zuvorgekommen.

 

48:59 O-Ton Sigurd Schmidt

Sie sind wie durch ein Wunder gerettet worden, es hatte sie viel schneller als erwartet davongetrieben. Und da verstanden wir die Aufregung von Otto Juljewitsch und fuhren ihm entgegen nach Leningrad. Mein Bruder Wladimir und ich. Und dort teilte er uns sehr lebendig die Gefühle mit, mit denen sie zur Rettung der Papanins aufgebrochen waren. Sie wären in den eigenen Untergang gefahren, wenn das fehlgeschlagen wäre.

 

Papanin-Lied untertitelt

Im Eismeer

Gegen die Stürme des Nordens

Kämpfte Iwan Papanin

270 Nächte lang

Vier Freunde bewachten

Die Rote Flagge ihrer Heimat

Bis dann von Süden

Die Eisbrecher kamen

Lebewohl Papanins Scholle

Arktische Finsternis, arktischer Schnee

Beendet ist der grause Zweikampf

Bezwungen hat der Mensch das Element

 

50:26 Kommentar

Pressekonferenz auf dem Eisbrecher Jermak. Im Hintergrund, an der Reling, Otto Schmidt. Er taucht nur och am Rande auf. 

50:42                                                                                                                           

In all dem Jubel, der jetzt ausbrach, wurde es still um Otto Juljewitsch Schmidt. Ein Schatten war auf ihn gefallen. Sein Amt als Leiter der Hauptabteilung Nördlicher Seeweg verlor er. An seine Stelle trat ein kleiner, dicklicher, jovialer Mann aus bescheidenen Verhältnissen.                                                                                                          

51:10

Er war kein Forscher und hatte nichts von einem Wissenschaftler, aber er diente seinem Herrn mit ganzem Herzen.

51:40

Die Zeit ging über alle hinweg, aber noch heute kennt in Rußland jedes Kind seinen Namen:

Iwan Papanin.